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"Kinder sind wie Blumen. Man muss sich zu ihnen niederbeugen, wenn man sie erkennen will"




„Bei der Erziehung muß man etwas aus dem Menschen herausbringen
PÄDAGOGIK
Jedes Kind unterscheidet sich durch seine Persönlichkeit und Individualität von anderen Kindern. Es bietet ein Spektrum einzigartiger Besonderheiten durch sein Temperament, seine Anlagen, Stärken, Bedingungen des Aufwachsens, seine Eigenaktivitäten und sein Entwicklungstempo.
Uns sind besonders die Bewahrung und Förderung der eigenen Identität des Kindes, sowie ein sich gegenseitig unterstützendes Miteinander wichtig. Wir nehmen die Kinder in ihrer Persönlichkeit an und ermöglichen ihnen gleichzeitig die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umwelt, sowie den sich daraus ergebenden Erfahrungen. Wir verstehen uns als Teil der Natur und möchten, dass Kinder durch ihre Erlebnisse und das hautnahe Erfahren von Wachstum und Prozess im Jahreskreislauf der Natur eine innere Stabilität entwickeln und sich als wertvollen Teil des Ganzen wahrnehmen.
Das Spiel der Kinder kann sich ganz anders entfalten, wenn es nicht in einen Raum eingezwängt ist, sondern als Hülle der Himmel, die Erde und den Erwachsenen hat. Draußen sein bedeutet Integration in alle Lebensprozesse und ist Grundlage für die gesamte weitere Entwicklung.
Der Naturkindergarten orientiert sich an der Waldorfpädagogik, die Grundlage bildet die Anthroposophie, die um die Jahrhundertwende von Rudolf Steiner entwickelt wurde. „Anthroposophie ist das, was man eine Weltanschauung nennt. Weltanschauung heißt, es ist ein Versuch, die gesamte Welt zu verstehen.“
In dem Konzept des Sonnenhofs werden die Elemente der Waldorfpädagogik mit denen der Naturpädagogik verbunden. Die Rhythmen des Tages werden intensiv und lebendig in die großen Rhythmen der Natur eingebettet, da der Kindergartentag fast ausschließlich im Freien stattfindet, inmitten von Wiesen, Witterung, Tiere, Firmament und Naturgegebenheiten mit allen Elementen. So kann ein Ort entstehen, der Spielort, Naturraum und Kulturort für die Kinder wird. Ein Ort, der drei ganz wesentliche Merkmale der Waldorfpädagogik ernst nimmt: das freie Spiel, den Rhythmus und die Nachahmung.
Vorbild und Nachahmung
Ohne das "Vorbilden" des Erwachsenen kann das Kind die Welt nicht ergreifen. Die Nachahmung im Kleinkindalter erfolgt über die Wahrnehmung mit allen Sinnen. Das Kind benötigt keine intellektuellen Erklärungen, sondern Menschen, die sich in seiner Umgebung sinnvoll betätigen, auf ihr eigenes Handeln achten und die mit freudiger Grundhaltung bei der Arbeit sind. Die Echtheit, Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit des Handelns sind dabei Grundvoraussetzungen, dass das Kind dieses in sofortiges unbewusstes Mittun umsetzen kann.
In der Natur, in unserem Garten und beim alltäglichen Tun ergeben sich jeden Tag vielfältige Tätigkeiten, welche das Kind zum sinnvollen Mittun anregen. So bieten beispielsweise hauswirtschaftliche Tätigkeiten der ErzieherInnen im Beisein des Kindes, wie Tische abwischen, Teig kneten, Boden fegen oder Äpfel schneiden ein vielfältiges Angebot zum Nachahmen.
Beim Aufenthalt in der Natur wirkt ebenfalls das Tun des Erziehers auf das Verhalten des Kindes. Die Entdeckerfreude, das vorbildwirkende achtsame Verhalten und das staunende und ehrfurchtsvolle Betrachten, das die ErzieherInnen vorleben, ermöglichen dem Kind, nachhaltige Erlebnisse zu machen und sich mit der Natur im Einklang zu fühlen.
Rhythmus und Rituale
Alles Lebendige ist in einen Rhythmus eingebunden: Tag und Nacht, Wachen und Schlafen, Anstrengung und Ruhe; die Natur lebt in den Jahreszeiten einen Rhythmus, in den Mensch, Pflanze und Tier eingebunden sind.
Eine rhythmische Tagesgestaltung bedeutet für das Kind Zuverlässigkeit und Orientierung, auch im Zeitablauf. Es stärkt sein Vertrauen in die Ordnung der Welt und hilft ihm, sich im Leben zurecht zu finden und den Alltag zu bewältigen.
Der Kindergartentag ist so gestaltet, dass sich aktive, lebendige Phasen mit ruhigen in gesunder Weise abwechseln. Auch innerhalb der Woche bilden wiederkehrende Tätigkeiten an bestimmten Tagen, wie z.B. das Wasserfarben malen, backen, Arbeiten mit unseren Pferden, der Ausflug in die Umgebung einen Rhythmus. Durch das jährliche Feiern der christlichen Feste gliedert sich das ganze Jahr in wiedererkennbare Erlebnisse, die der natürlichen Religiosität des Kindes Nahrung geben. Besondere Geschichten, Lieder, Tänze und Schmuckwerk geben jedem Fest seinen speziellen Charakter und bilden einen wertvollen Schatz in der Seele der Kinder.
Rituale spielen eine große Rolle, besonders an den Übergängen unterschiedlicher Situationen im Tagesablauf. Da die Natur ein Raum ohne Wände und Türen ist, sind Rituale und Regeln dort besonders wichtig. Sie haben sowohl für die Kinder als auch für Eltern und Erzieher eine halt- und sicherheitsgebende Funktion.
Zu unseren täglichen Ritualen gehören Begrüßungs- und Abschiedsrituale, der Morgen- und Mittagskreis, gemeinsame Mahlzeiten mit Tischspruch - eingebettet in die entsprechende Jahreszeit.
Der Jahreskreislauf mit seinen Jahreszeiten und christlichen Festen wird in Reigenspielen, Sprüchen, Fingerspielen, Liedern, Geschichten und dem Feiern der Feste miterlebt.
Zu jedem Fest gehören vorbereitende Tätigkeiten, durch die in den Kindern eine große Vorfreude und ein Wiedererkennen geweckt werden.
Freies Spiel
Das Spiel hat als Urbedürfnis einen sehr hohen Stellenwert in der Entwicklung des Menschen. Spielen ist für das kleine Kind Arbeit, mit der es sich die Welt zu eigen macht; Spiel bedeutet Lebensaneignung. Im freien Spiel wird dem Kind die Gelegenheit gegeben, die täglichen Geschehnisse aus eigenem Willen zu ergreifen und im nachahmenden Tun kreativ zu verarbeiten. Das freie und schöpferische Spiel bietet eine hervorragende Grundlage für die Entfaltung der eigenen Individualität und Fantasie. Und mit dem gleichen Ernst, mit dem das Kind in seinem Spiel lebt, kann es sich später im Erwachsenenalter mit seiner Arbeit verbinden.
Im Freispiel darf ein schöpferisches Chaos entstehen, da die Fantasie Freiräume und Anregungen durch das Zufällige braucht.
Bei unserem Spielmaterial handelt es sich in der Regel um einfache Gegenstände, die wenig vorbestimmt und ausgeformt sind, damit das Kind den Dingen der Welt von innen heraus ihre Bedeutung geben kann. So übt es Autonomie, Freiheit und Souveränität, indem es aus eigenem Antrieb handelt und die Werte und Regeln selbst bestimmt.
Die Kinder spielen in unserem Kindergarten vorrangig mit Naturmaterialien, d.h. sie kommen mit lebendigem Material in Berührung, das vergänglich und veränderbar ist. Fantasie, Spieltrieb und Kreativität können auf natürliche Art und Weise gelebt und frei entfaltet werden. So wird der Stock heute zur Angel und morgen zum Zauberstab. Ohne vorgefertigtes Spielzeug ist das Kind gefordert, über seine Ideen mit anderen zu kommunizieren.
Das Spiel in der freien Natur bietet den Kindern eine weitere Möglichkeit, bekannte und weniger bekannte Gebiete zu entdecken, dort ihrem Bedürfnis nach schöpferischem Tun nachzukommen. Die Wiese wird zum Pferdeparcours, der Kletterbaum zum Aussichtsmast und die gesammelten Stöckchen und Hölzer zur Feuerstelle.
Das Draußen sein und die Möglichkeit des freien Spiels mindern das Aggressionsverhalten, die Weite kann sozialen Stress verringern, die Kinder sind ausgeglichener. Die Möglichkeit, ohne störende Reize von außen genau hinzuhören und ohne Eile zu beobachten, schafft Raum für Gelassenheit und Ruhe, fördert das Wohlbefinden und die Konzentrationsfähigkeit.
Das freie Spiel braucht Zeit und sollte diese auch bekommen, es hat Ruhe, wenn es nicht in einen engen Raum eingezwängt ist, sondern als »Hülle« den Himmel, die Bäume, die Erde und den begleitenden Erwachsenen hat. Durch solch ein Spiel wird das Sozialverhalten, die Motorik und die Kommunikation wie von allein intensiv gefördert, gelebt und vielfältig geübt: Immer wieder neu entstehen aufgrund der lebendigen Naturbedingungen neue Spielanlässe, Impulse und Situationen, in denen die Kinder sich finden und verabreden müssen, das aber auch können, ohne sich bei gegensätzlichem Interesse in die Quere zu kommen.
»Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht«, heißt eine alte Weisheit. Sie erinnert uns daran, dass sich das, was sich in einem lebendigen Entwicklungsprozess entfaltet, nicht durch irgendwelche Maßnahmen beschleunigen lässt. Für unsere Kinder heißt das, dass wir ihnen möglichst vielfältige Erfahrungsräume zur Verfügung stellen können. Hier können sie sich in ihrem eigenen Tempo aneignen, was sie für ihr späteres Leben brauchen. Solche Erfahrungsräume – vielleicht die besten überhaupt – finden Kinder draußen in der lebendigen Natur: Dort, wo es im besten Sinne langsam zugeht, wo alles, was sich entwickelt, Zeitbraucht. Wo man warten muss, bis die Blumen blühen und die Kirschen reif geworden sind. Nur dort, wo nicht wir, sondern das Leben selbst darüber bestimmt, was wann wächst, gedeiht und wieder vergeht, können Kinder auch die Erfahrung machen, wie gut es ist, wenn etwas nicht möglichst schnell, sondern langsam geschieht. Dass es langsam gehen muss, wenn es gut werden soll.
Neben dem Spiel ist es die sinnhafte, nachahmenswerte und nachvollziehbare Tätigkeit des Erwachsenen, die den Alltag prägt. Es sind notwendige und durchschaubare Arbeiten, in die die Kinder mit einbezogen werden können. Es sind sich selbsterklärende Tätigkeiten, ohne die der Alltag nicht funktionieren würde.
Die Kinder sollen in große und kleine Rhythmen und Zusammenhänge der Erde eingebettet werden. Sie verbinden sich dann mehr und mehr mit ihr. Diese »Erdung«, sowohl in der Umwelt als auch im eigenen Körper, sollte in der Kindergartenzeit stattfinden, damit im späteren Leben der Boden für alles Weitere sicher und fest bereitet ist, die Kinder im wahrsten Sinne des Wortes gut verwurzelt sind, um den Stürmen des Lebensstandzuhalten.